Hetz Mensch Tage

Veröffentlicht von adminchristoph am

A HETZ oder Die letzten Tage der Menschlichkeit.

2009 braut das Theater Hausruck unter der künstlerischen Leitung von Georg Schmiedleitner und Chris Müller ein elektrisierendes Gemisch aus klassischen Theaterszenen (u.a. von Franzobel), Performance, Video-Dokumentationen, wissenschaftlichen Statements und zahlreichen Überraschungen. Die Themen der Theaterreise sind die brennenden Fragen unserer Zeit: Chancen und Gefahren der Globalisierung, Hintergründe der großen Migrationsbewegungen – vom Tourismus bis zur Flucht vor Verfolgung und Hunger. Erzählt anhand menschlicher Schicksale zwischen Fremdheit, Ressentiment und Solidarität.

„…eine entlarvende Reise ins Unterfutter der menschlichen Seele.“

Peter Grubmüller, OÖN, 31.07.2009

Dabei funktioniert das Theater Hausruck eine Kirche, Gast- und Gemeindehäuser, Ausflugsziele und öffentliche Räume zu Theaterschauplätzen um, auf denen unsere Gegenwart ungeschminkt verhandelt wird. Der Hausruck als Kulisse, vor der Kunst und Leben – zum Teil unbemerkt – ineinander übergehen.

„…fulminante Uraufführung! … mutige, grandiose Theaterreise.“

Vera Rathenböck, Krone OÖ, 31.07.2009

Reise zum unbekannten Fremdsein

Migration gehört zur europäischen Identität, aber dieses ökonomisch betriebene Europa strebt der Globalisierung zu. Es hat keine Zeit und weder Nerven noch Mut, von Armut und Unterdrückung Vertriebene bei sich zu gestatten. Das Theater Hausruck veranstaltet eine entlarvende Reise ins Unterfutter der menschlichen Seele.

Wenn ein deftiger Spaß noch immer „a Hetz“ genannt wird, dann verrät sich eine Gesellschaft selbst. Es bereitet ihr Vergnügen, Menschen zu jagen, nach ihrer Würde zu fassen. Den beiden Theater-Hausruck-Machern Chris Müller und Georg Schmiedleitner ist der Titel „A Hetz oder Die letzten Tage der Menschlichkeit“ nicht passiert, genauso wenig wie die Anlehnung an „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus. Sie kreierten eine Reise über Stationen der Düsternis, angelehnt an den Fall „Arigona Zogaj“, nicht mit dem Ersten Weltkrieg im Rückspiegel, sondern als dreistündige Busreise durch den Hausruck. Es fühlt sich zunächst wie eine Kaffeefahrt an. Der Gemeindebedienstete „Herr Hermann“ (famos: Franz Froschauer) hat die Busse von der moldawischen Asylwerberin „Maria“ (Maria Hofstätter glänzt als Anklägerin) flott putzen lassen. Mit ihr verbindet ihn mehr als Sauberkeit. Einsteigen! Abfahrt!

Es meldet sich Hartmut, der Reiseleiter. Er berichtet von Aufstieg und Niedergang des Hausrucks, von Bauernkriegen und Thomas Bernhard, der, „wenn Sie rechts zum Waldrand schauen, in diesem Häuschen gewohnt hat“. Der Strudel der Ereignisse beginnt sich mit Polizisten zu drehen, die den Tross stoppen und den „Österreicher-Test“ des Innenministeriums verteilen. Die „Hetz“ nimmt Fahrt auf, das Publikum wird „bitte rasch“ in ein Flüchtlingslager gescheucht. Flott, schnell, geschwind. Asylwerber schildern ihre Schicksale, die Musikkapelle spielt die heile Welt. Fremde werden aus dem Gasthaus vertrieben, weil für die Reisegesellschaft reserviert ist, als Unterhaltungsprogramm zur Jause kommt die Bühnenshow „Die Arme der Woche“. Sechs Migrantinnen wetteifern um den Sieg und landen allesamt freiwillig in der Prostitution, weil österreichische Freier außerordentliche Hengste sind. Alois Kreuzwieser begleitet die Gesellschaft als grandioser stummer Narr.

Der hervorragende Oscar Blaha taucht als Allegorie für historische Fakten auf. „Trienko“ heißt er, er sei ein Maler, ein Denkmaler, und entlarvt die heilige Barbara (ihr ist die Kirche in Thomasroith geweiht, in der ATTAC-Aktivist Christian Felber predigt) als Türkin. Das Dorf hat sich formiert. Es sieht bereit aus, das fremde G’sindel mit Äxten und Keulen davonzujagen. Maria und Hermann halten den roten Faden in der Hand, der sich bis zum schaurig-schönen Schlussbild schlängelt. Ein Feld steht in Flammen, Marias Seele klagt von einem Autowrack herunter. Und so, als würde Hermann darum betteln, doch noch erkannt zu werden, zündet er ein bengalisches Licht an.

Peter Grubmüller, OÖN

OÖ HEUTE AHETZ 13.7.09

Künstlerische Leitung/Regie: Georg Schmiedleitner
Konzept/Intendanz: Chris Müller
Texte: ua. Franzobel
Bühnenbau/Setting: Stefan Brandtmayr
Kostüm: Cornelia Kraske
Ton und Licht: Fritz Kronlachner
Musikalische Leitung und Kompositionen: Rupert Schusterbauer
Dramaturgie: Sigrid Blauensteiner, Barbara Falter
Video: Helmut Geissler
Bühnenbildassistenz: Thomas Roithinger
Kostümassistenz: Diana Jirkuff
Regieassistenz: Barbara Falter, Ottilie Klinger
Kaufmänische Leitung: Roland König
Kartenbüro: Elfriede Steinkellner
Requisite: Dominique Hölzl
Photos: Hannes Staudacher, Helmut Geissler, Stefan Brandtmayr, reinhardmueller.eu
Grafik/Webmaster: Michael Schumer (www.design-solutions.at)
PR & Medienservice: die jungs kommunikation

Besetzung:

Maria Maria Hofstätter
Hermann
Franz Froschauer
Trienko
Oskar Blaha
Showmaster
Séamus Hamilton
Wissenschafter
Helmut Weißböck
Stummer Narr
Alois Kreuzwieser

Experten
MASCHEK
Klaus Werner Lobo
Christian Felber

Polizisten
Jakob Friedrich, Jakob Jedinger, Alexander Lughofer, Felix Halder, Astrid Schwarz

Hausruckberater
Johanna Halder, Hartmuth Kilgus, Roland König, Karl Posch

Reisebegleiter
Annemarie Dämon, Elisabeth Hütter, Tanja Jetzinger, Michaela Schausberger, Viktoria Schimpl

Hostessen
Katia Kreuzhuber, Liliane Schlager, Ilka Marano, Michaela Schausberger, Elisabeth Hütter, Regina Luckeneder, Andrea Schnötzinger

Nörgler
Astrid Schwarz, Laurin Elias Bracher, Bernd Etzlinger, Jakob Friedrich, Johann Greil, , Séamus Hamilton, Alexander Lughofer

Musik

Trompete                  Klaus Ganglmayer, Lukas Müller

Klarinette                  Reinhard Holzinger, Gerri Posch
Akkordeon               Rupert Schusterbauer, Rudolf Feischl
Posaune                  Philipp Buttinger, Philipp Treibenreif, Peter Nickel
Kleine Trommel       Georg Rabengruber, Florian Tavernier
Orgel                       Johann Falter, Martin Brenner

Bergknappenkapelle Kohlgrube (unter der Leitung von Kurt Brunnbauer)

StudentInnen der Kunstuni Linz

Aufführungsrechte: Thomas Sessler Verlag Wien

Aufführungsdauer

Premiere: 29. Juli 2009