Über Uns

„Das wahre Theater spielt sich nie nur bei der Premiere ab. Ein wesentlicher Moment in dem Hausruck-Projekt ist es, dass schon während der Inszenierungsarbeit Weltbilder aufeinanderprallen konnten: von Einheimischen und Asylanten, Anrainern und Bühnenaktivisten, Engagierten und Skeptikern.“

Clemens Pangal, Salzburger Nachrichten

Das Theater Hausruck
Hinter dem Theater Hausruck steht ein offener Kreis engagierter Menschen, die sich einem politischen Theater als Auseinandersetzung mit zentralen gesellschaftlichen Fragen und ihren regionalen Ausprägungen verschrieben haben. Der Überzeugung folgend, dass Theater aktuell und beweglich sein muss und sich nicht auf vorgegebene Themen, Formen, Spielorte oder Traditionen festlegen lassen darf.

Theaterarchäologie
Seit seiner ersten Produktion im Jahr 2005 besticht das Theater Hausruck durch eine detaillierte, nahezu archäologische Herangehensweise an den Stoff, den es jeweils erzählt. Die Vorrecherche ist dabei stets umfangreich und langfristig angelegt, Hintergründe werden erforscht, Zusammenhänge gesucht, lokale Gegebenheiten vor dem Hintergrund historischer Ereignisse und globaler Zustände betrachtet. So gräbt das Theater Hausruck Geschichten aus, die sich stets entlang des schmalen Grates zwischen Realität und Fiktion bewegen.

Theater als multi- und interdisziplinäre Versuchsanordnung
Die Projekte des Theater Hausruck überschreiten die Grenzen konventionellen Theaters. Sie beziehen Kunstformen wie Film, Performance, Literatur sowie den wissenschaftlichen und politischen Diskurs mit ein und nutzen multimediale Ausspielwege, insbesondere Social Media, um auch eine event-ungebundene Rezeption zu ermöglichen.

Regionale Partizipation und detaillierte Dokumentation
Das Fundament des Theater Hausruck bildet seit jeher das Zusammenwirken vieler Menschen, die mit dem Hausruck in irgendeiner Form verbunden sind. Die Menschen der Region werden als Zeitzeugen Teil der Geschichte, zählen zum großen Darstellerteam aus Laien und Theaterprofis oder unterstützen die Theaterproduktionen bei den zahlreichen Organisationsarbeiten. Einen großen Stellenwert nimmt auch die Dokumentation der Projekte ein. Alle Produktionen mitsamt ihren Vorarbeiten werden umfangreich und professionell in Videos, Bild, Ton und Schrift festgehalten.

Was bisher geschah
Nach dem großen Erfolg der zeitgeschichtlichen Theaterarbeiten „HUNT oder Der totale Februar“ (2005 & 2006) und „Z!PF oder Die dunkle Seite des Mondes“ (2007 & 2008) fokussierte das Theater Hausruck im Jahr 2009, in Kooperation mit Linz 09, die Themen Migration und Integration vor aktuellem regionalem Hintergrund (der „Fall Arigona“). Das Stück „A Hetz oder Die letzten Tage der Menschlichkeit“ ließ weder Theaterpublikum und Medien, noch die Bevölkerung im Hausruck kalt. 2010 stellte „€AT“ die Bedingungen und Auswirkungen der herrschenden Wirtschaftsordnung auf atemberaubende Weise in Frage. Nach einer intensiven medialen Diskursivierung des Themas im Vorfeld kulminierte der „Kapitalismus-Kirtag in der Konkurshalle“ in einem einzigen unvergesslichen Abend in einem aufgelösten Möbelindustriekomplex in Attnang-Puchheim.

2011 begab sich das Theater Hausruck gemeinsam mit dem Ars Electronica auf die Suche nach dem Beginn, nach dem Grund und Sinn der Welt.

Die theatrale Installation NEULAND war ein unvergleichliches (para)wissenschaftliches,  (theater)archäologisches Experiment, in den Wäldern des Hausruck. Eine Pilgerreise zwischen Konzeption und Wahrnehmung, eine opernhafte Prozession zwischen Vergangenheit und Zukunft, Tradition und Fortschritt, Himmel und Erde.

Eine Kunstaktion die Publikum, Presse und Region entzweite.

NEULAND BLOG

Der Kohlebrecher. Erster Spielort, Gallionsskulptur und Logo.

In Kohlgrube, früher von Bergarbeitern und deren Familien bewohnter Ortsteil von Wolfsegg, bot sich ein einzigartiger und faszinierender Ort für das Theaterprojekt an, der für die Geschichte Pate stehen konnte. Ein Theaterraum, der Monumentalität, Erhabenheit und gleichzeitig schlummernde Brutalität ausstrahlt. Zu Gesicht bekommt man ihn erst nach Durchschreiten eines ihn umwuchernden Waldstücks am tiefsten Punkt des Dorfes. Der archaisch anmutende Betonsaurier wurde 1922 als 20 Meter hohe, 22 Meter lange und neun Meter breite Kohlebrech- und Sortieranlage errichtet und war bis 1968 als solche im Einsatz. Nach dem Ende des Braunkohlebergbaus verkam der Brecher zum Symbol für den Niedergang der Region. Eine  vordergründig sinnentleerte Architekturskulptur, ein Betonskelett, um das sich niemand kümmerte: in keinem Architekturführer erwähnt, aus dem Bewusstsein der Bevölkerung gelöscht, als Schandfleck abgestempelt und im Wald versteckt.

Die ungesühnten Morde des Jahres 1934, der Niedergang des Bergbaus und dieser Betonsolitär, von den aus Wolfsegg stammenden Brüdern Mag. Peter Weinhäupl, kaufmännischer Direktor des Leopold Museum Wien und DI Wolfgang Weinhäupl, Architekt, im Jahre 2000 ersteigert und so vor dem  völligen Verfall gerettet, gaben dem Projekt Strahlkraft und waren gleichsam die Initialzündung für die Theaterarbeit am Brechergelände. In monatelanger Arbeit wurde das Areal von Studenten der Linzer Kunstuniversität für Franzobels Stück „hunt oder Der totale Februar“ adaptiert. Es wurde entwässert, beschottert und verkabelt. Bühnenaufbauten und eine Holztribüne für 700 BesucherInnen  wurden aus dem Boden gestampft, Schienen verlegt. Es wurde gemäht, gehämmert, gestemmt und, wie im Hausruck üblich, geflucht. Bergsteiger und Bergmänner, Pensionisten, Arbeitslose, Feuerwehrleute und viele andere Freiwillige aus der Region halfen mit, einen bizarren Naturtheaterspielraum zu erschaffen, der einen vor schroffer Schönheit erschaudern lässt. Ein Relikt aus einer Zeit, in der Kohleschaufeln noch etwas völlig anderes war als heute. Ein vormaliger „Schandfleck“ sollte sich in der Folge durch dieses gemeinsame Anpacken explosionsartig zum allseits geschätzten Symbol einer Region mit Industrie- und Arbeiterkulturtradition entwickeln. Gleichzeitig  wurde der Brecher zum Logo und Banner für das THEATER HAUSRUCK.